Kommunalselbstverwaltungsgesetz Saarland (Auszug)

Stand: 14.10.1998

 

§ 21 a

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid

 

(1) Die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde können beantragen (Bürgerbegehren), daß sie an Stelle des Gemeinderates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden (Bürgerentscheid).

 

(2) Das Bürgerbegehren ist schriftlich bei der Gemeinde einzureichen; richtet es sich gegen einen Beschluß des Gemeinderates, muß es innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlußfassung eingereicht sein. Es muß die zu entscheidende Angelegenheit in Form einer mit "Ja" oder "Nein" zu beantwortenden Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der begehrten Maßnahme enthalten sowie bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, das Bürgerbegehren zu vertreten.

 

(3) Das Bürgerbegehren muß von mindestens 15 vom Hundert der Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet sein. Ausreichend sind jedoch in Gemeinden

 

mit nicht mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern

2.000 Unterschriften

 

mit mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern aber nicht mehr als 40.000 Einwohnerinnen und Einwohnern

4.500 Unterschriften

 

mit mehr als 40.000 Einwohnerinnen und Einwohnern aber nicht mehr als 60.000 Einwohnerinnen und Einwohnern

7.500 Unterschriften

 

mit mehr als 60.000 Einwohnerinnen und Einwohnern

18.000 Unterschriften

 

(4) Ein Bürgerbegehren ist unzulässig über

1. die innere Organisation der Gemeindeverwaltung,

2. die Rechtsverhältnisse der für die Gemeinde ehren- oder hauptamtlich Tätigen,

3. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe und sonstigen Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit mit Sonderrechnung, das Haushaltssicherungskonzept sowie die kommunalen Abgaben und die privatrechtlichen Entgelte,

4. die Jahresrechnung der Gemeinde, die Entlastung der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters und der Beigeordneten und die Feststellung der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe und sonstigen Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit mit Sonderrechnung,

5. Vorhaben, für deren Zulassung ein Planfeststellungsverfahren oder ein förmliches Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist,

6. die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen,

7. Entscheidungen über Rechtsbehelfe und Rechtsstreitigkeiten,

8. Angelegenheiten, für die der Gemeinderat keine gesetzliche Zuständigkeit hat,

9. Anträge, die ein gesetzwidriges Ziel verfolgen und

10. Angelegenheiten, über die innerhalb der letzten zwei Jahre bereits ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist.

 

(5) Der Gemeinderat stellt unverzüglich fest, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Entspricht der Gemeinderat dem zulässigen Bürgerbegehren nicht, ist innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid durchzuführen. § 20 b Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend. Entspricht der Gemeinderat dem Bürgerbegehren, so unterbleibt der Bürgerentscheid.

 

(6) Bei Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimme beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 30 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit "Nein" beantwortet.

 

(7) Der Bürgerentscheid steht einem Beschluß des Gemeinderates gleich. § 60 findet keine Anwendung. Vor Ablauf von zwei Jahren kann er nur auf Initiative des Rates durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden.

 

(8) Das Nähere bestimmt das Kommunalwahlgesetz.

 

§ 20 b

Einwohnerbefragung

(1) Der Gemeinderat kann beschließen, daß zu wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde eine Befragung der Einwohnerinnen und Einwohner durchgeführt wird.

 

(2) Wird eine Befragung durchgeführt, müssen den Einwohnerinnen und Einwohnern zuvor die von den Gemeindeorganen vertretenen Auffassungen in der Form einer öffentlichen Bekanntmachung dargelegt werden. Eine Befragung hat in anonymisierter Form zu erfolgen. Die Teilnahme ist freiwillig.

 

(3) Das Nähere bestimmt eine Satzung.

 

(...)

 

§ 60

Widerspruchs- und Vorlagepflicht bei rechtswidrigen Beschlüssen

 

(1) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister ist verpflichtet, rechtswidrigen Beschlüssen unverzüglich zu widersprechen. Hält der Gemeinderat seinen Beschluß aufrecht, so hat die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister die Einscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde einzuholen.

 

(2) Beschlüsse, über deren Rechtmäßigkeit die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister im Zweifel sein muß, hat sie oder er der Kommunalaufsichtsbehörde vorzulegen; über die Vorlage hat sie oder er die Mitglieder des Gemeinderate unverzüglich zu unterrichten.

 

(3) Widerspruch und Vorlage haben aufschiebende Wirkung.