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Bilanz: Zehn Jahre Europäische Bürgerinitiative

Am 1. April 2012 trat die Europäische Bürgerinitiative als neues Instrument auf EU-Ebene in Kraft

Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) wird heute (1. April) zehn Jahre alt. Seit 2012 hat die Bevölkerung in der EU 111 Initiativen gestartet, um ein Thema auf die Agenda der EU-Institutionen zu setzen. 88 davon wurden zugelassen, die anderen 23 abgewiesen. Sechs erfolgreiche Initiativen wurden von der EU-Kommission bereits behandelt, bei drei weiteren werden derzeit die Unterschriften geprüft.

„Mit 16 derzeit laufenden Initiativen erlebt das Instrument der Europäischen Bürgerinitiativen derzeit einen regelrechten Boom“, sagt Mehr Demokratie-Vorstandssprecher Ralf-Uwe Beck. „Das zeigt, wie groß der Mitsprachebedarf der Bürgerinnen und Bürger in Europa ist. Umso wichtiger ist es, dass die Rahmenbedingungen für die EBI in den Mitgliedsländern gut geregelt sind.“ Die EBI-Regeln wurden von EU-Seite zuletzt 2020 geändert, nun stehen Reformprozesse in den Mitgliedstaaten an. „Wir fordern, dass das Unterstützungsalter auf 16 Jahre abgesenkt wird“, erklärt Beck. „Gerade junge Menschen müssen noch lange mit den Folgen der EU-Politik leben und haben ein Recht, sie mit zu beeinflussen.“ Besonders häufig werde Umweltthemen und Tierrechte auf die Agenda gesetzt.

Mit einer EBI lässt sich ein Thema auf die Agenda der EU-Kommission setzen, indem die Kommission aufgefordert wird, ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Um eine EBI zu starten, müssen sieben Personen aus sieben Mitgliedstaaten einen Vorschlag vorlegen. Binnen eines Jahres müssen 1 Million Unterschriften, online oder auf Papier, aus einem Viertel der Mitgliedstaaten zusammenkommen, wobei pro Land eine feste Mindestquote gilt. Gelingt das, findet eine Anhörung im EU-Parlament und eine Debatte mit der EU-Kommission statt. Die Kommission entscheidet, ob der Vorschlag übernommen wird und muss ihre Entscheidung öffentlich begründen. Die Unterschriftensammlung soll ab 2023 mit einem von der EU-Kommission zur Verfügung gestellten Sammelsystem zentralisiert werden – bisher werden noch verschiedene Systeme genutzt. Mit dem 2018 gegründeten ECI Forum steht Initiativen eine Online-Unterstützungsmöglichkeit für Organisation, Fundraising und Rechtsberatung zur Verfügung.

 

+++ Hintergrund:

Übersicht aller Europäischen Bürgerinitiativen: https://citizens-initiative.eu/ongoingecis/

Mehr Demokratie: https://www.mehr-demokratie.de/themen/europa-und-international/eu-buergerinitiative

Democracy International: https://www.democracy-international.org/european-citizens-initiative-reform

European Citizens‘ Initiative Forum: https://ecas.org/services/eci-forum/

 

+++ Fakten zur EBI:

Die erste registrierte EBI war 2012 die studentisch initiierte "Fraternité 2020", die auf den Ausbau europäischer Austausch-Programme wie Erasmus zielte.

Die erste erfolgreiche EBI „Right2Water“ von 2013 wurde mit der „EU Directive on Water“ aufgegriffen, allerdings erst sechs Jahre später.

Die EBI, die am schnellsten eine Million Unterschriften zusammen hatte (in weniger als sechs Monaten) war "Ban Glyphosate".

Eine erfolgreiche EBI hat durchschnittlich ein Budget von 215.000 Euro.

Die erfolgreiche EBI „Save the Bees“ führte u.a. zu einem Gespräch mit Papst Franziskus, um über Biodiversität zu sprechen.

Auch nicht erfolgreiche EBIs können die EU-Gesetzgebung beeinflussen. Die zweimal angemeldete EBI „Single Communication Tariff Act" bereitete den Weg dafür, dass seit 2017 in der EU ohne Data-Roaming-Gebühren kommuniziert werden kann.